eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 4/2025 (30.04.2025)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Bürgerräte
- Publikationen
- Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Studie: Ehrenamtliches Engagement im Zivil- und Katastrophenschutz
1,76 Millionen Ehrenamtliche ab 18 Jahren sind in Deutschland im Zivil- und Katastrophenschutz engagiert – mit insgesamt rund drei Prozent der deutschen Wohnbevölkerung ist die Engagementquote somit seit 1999 konstant. Dennoch geben nur knapp ein Drittel aller befragten operativ tätigen »Blaulicht«-Organisationen an, ausreichend Mitglieder zu haben, um gestiegene Anforderungen zu bewältigen. Das zeigt eine Studie von Zivilgesellschaft in Zahlen im Stifterverband im Auftrag des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Ein Grund für den Mehrbedarf: Der Klimawandel begünstigt die Entstehung von Extremwettereignissen wie Stürmen, Starkregen oder Dürreperioden. Um die Folgen zu bewältigen, müssen ehrenamtliche Einsatzkräfte immer häufiger ausrücken und immer längere Einsätze bestreiten. Zudem falle gerade die Besetzung von ehrenamtlichen Leitungspositionen schwer. Die Studie vereint Daten aus dem Deutschen Freiwilligensurvey, dem ZiviZ-Survey und dem Vereinsregister zu einer umfassenden Analyse von Trends, Strukturen und Herausforderungen im Zivil- und Katastrophenschutz.
Videoaktion: Zeigt eure Haltung - Verein(t) für Demokratie
Mit einer Videoaktion der Landesservicestelle für bürgerschaftliches Engagement NRW soll Vereinen eine Bühne geboten werden, die mit ihrem Engagement einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft und unsere Demokratie leisten. Die Vereine sind dazu aufgerufen, in einem kurzen Videoclip zu zeigen, wie Demokratie im Vereinsalltag gelebt wird, welche Bedeutung das Thema für den Verein hat, welche Werte mit dem Thema verbunden werden oder inwiefern sich der Verein für die Demokratie einsetzt. Videoclips können noch bis zum 30. Juni 2025 über das Engagement-Portal des Landes eingereicht werden. Ausgewählte Videoclips werden nach und nach auf den Social-Media-Kanälen der Landesservicestelle für bürgerschaftliches Engagement ausgespielt. Unter allen veröffentlichten Videoclips werden fünf Mal 500 Euro verlost.
INDEU: Inklusive Digitalisierung in der EU
Das Projekt INDEU (Inklusive Digitalisierung in der EU) hat sich das Ziel gesetzt, die Bürger/innen der EU aktiv in den digitalen Transformationsprozess einzubeziehen und ihre Meinungen zur EU-Digitalpolitik zu sammeln. Im Rahmen des Projekts werden Perspektiven und Erfahrungen aus verschiedenen EU-Ländern gesammelt und in einem Crowdsourcing-Prozess konkrete Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger/innen entwickelt. Sechs europäische Länder beteiligen sich am digitalen Crowdsourcing: Spanien, Deutschland, Belgien, Kroatien, Bulgarien und Rumänien. Im Rahmen des Beteiligungsprozesses können nun in einem ersten Schritt alle interessierten Bürger/innen an einer Umfrage teilnehmen, um ihre Ideen zur digitalen Transformation einzubringen.
Ariadne-Bürgerbeteiligung: Reports zur Wärme- und Verkehrswende
Damit die Klimatransformation transparent und sozial gerecht gestaltet werden kann, sucht das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Kopernikus-Projekt »Ariadne« regelmäßig den Dialog mit der Bevölkerung. In zwei neuen Reports zur Wärme- und Verkehrswende präsentieren die Forschenden jetzt ihre Erkenntnisse aus den Beteiligungsformaten der Bürgerdeliberation im Juni 2024. Das Ergebnis: Die Teilnehmenden wünschen sich unter anderem mehr sachliche Informationen über Regulierungsmaßnahmen wie den CO2-Preis, eine sozial gerechte Verteilung von Kosten sowie Transparenz bei der Finanzierung von Klimamaßnahmen.
Leitfaden: Kriterien für wirkungsvolle Begegnungsformate
Wie können Begegnungsprojekte gut gelingen? Um entsprechende Formate professionell gestalten zu können, fasst ein neuer Leitfaden konkrete Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Ausgestaltung von Begegnung zusammen. Der Leitfaden richtet sich vorrangig an zivilgesellschaftliche Organisationen oder Fördernde des dritten Sektors, ebenso an kommunale und politische Akteure. Die Handlungsempfehlungen basieren auf Erkenntnissen der gemeinnützigen Organisation More in Common Deutschland und sind im Rahmen des Programms »Begegnung und Zusammenhalt« der Stiftung Mercator entstanden. Ziel des Programms ist es, angesichts zunehmender Polarisierung in der Gesellschaft Vorurteile und Entfremdung abzubauen und innovative Begegnungsprojekte zu fördern.
Förderpreis: Powered by Philip Morris Award 2025
Der neu geschaffene Powered by Philip Morris Award unterstützt gemeinnützige Organisationen, die sich mit neuen Ideen und Initiativen für den Zusammenhalt in einer freien und offenen Gesellschaft starkmachen. In den drei Kategorien Zukunft, Gesellschaft und Kultur wird jeweils ein Projekt mit 50.000 Euro ausgezeichnet. Die gesuchten Vorhaben zielen auf die Stärkung eines friedlichen Zusammenlebens und die Förderung von gesellschaftlicher und kultureller Teilhabe. Die Kategorie »Zukunft« adressiert zivilgesellschaftliche Initiativen, in denen sich schwerpunktmäßig Menschen zwischen 18 und 30 Jahren engagieren. Die Ausschreibung richtet sich an Träger mit Sitz in Deutschland. Bewerbungsschluss ist der 31. Mai 2025. Der zwölfmonatige Förderzeitraum umfasst das gesamte Kalenderjahr 2026. Entstanden ist der Award aus den beiden Auszeichnungen »The Power of the Arts« und »Power for Democracy«. Seit 2017 wurden hierfür insgesamt 45 Preisträgerprojekte ausgewählt.
Im Fokus: Bürgerräte
Zur demokratischen Qualität von Bürgerräten
Ein Bürgerrat ist ein Gremium von Personen, die zufällig aus dem Einwohnermelderegister entlang statistischer Kriterien wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Bildungsabschluss oder Migrationshintergrund gezogen werden, um über ein bestimmtes Thema oder eine konkrete Sachfrage zu diskutieren. Ziel ist es, eine gemeinsame Handlungsempfehlung, meistens in Form eines Bürgergutachtens, für Politik oder Parlamente zu erarbeiten. Durch eine repräsentative Zufallsauswahl der Teilnehmer/innen soll ein verkleinertes Abbild der lokalen Bevölkerung entstehen. Auf diese Weise sollen die Perspektiven aller Bevölkerungsgruppen in die Diskussion mit einbezogen und Ergebnisse entwickelt werden, die einen Konsens oder zumindest eine breite Akzeptanz aufweisen. Wie es um die demokratische Qualität von Bürgerräten bestellt ist, zeigt Sebastian Hadamitzky in seinem Gastbeitrag.
Gelingensfaktoren für wirkungsvolle Bürgerräte
Damit ein Bürgerrat auch Wirkungen erzielen kann, ist es unerlässlich, bereits in der Vorbereitungsphase darüber nachzudenken, wie der Prozess nach dem Bürgerrat konkret ausgestaltet wird, wie die Ergebnisse verwertet und innerhalb des politischen Systems und der Verwaltung rückgekoppelt werden sollen. Welche Faktoren für einen strukturierten Nachsorge- und Transferprozess wichtig sind, beschreibt Lukas Weiss in seinem Gastbeitrag.
Bürgerräte auf Bundesebene
Demokratische Innovationen zielen darauf ab, Bürgerinnen und Bürger stärker in politische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden. Bürgerräte gehören zu den demokratischen Innovationen, die in den vergangenen Jahren deutlich an Beliebtheit gewonnen haben. Gestartet als Instrument, das hauptsächlich die kommunale Ebene adressiert, sind Bürgerräte mittlerweile auch auf der Bundesebene angekommen. Brigitte Geißel und Alan Marx diskutieren in ihrem Gastbeitrag die damit verbundenen Herausforderungen: Sind Bürgerräte dazu geeignet, das Bedürfnis der Bevölkerung nach mehr Mitbestimmung zu stillen?
Bürgerräte im Koalitionsvertrag
Im ausgehandelten Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD findet sich ein Bekenntnis zur Fortführung »dialogischer Beteiligungsformate wie zivilgesellschaftliche Bürgerräte des Deutschen Bundestages«. Damit knüpfen die designierten Regierungsparteien an Entscheidungen der letzten Legislaturperiode an: Hier wurde erstmals ein Bürgerrat umgesetzt, der auf Beschluss des Bundestages einberufen wurde. 160 Einwohner/innen ab 16 Jahren hatten sich mit dem durch den Bundestag festgelegten Thema »Ernährung im Wandel« befasst und im Januar 2024 ihre Empfehlungen an das Parlament übermittelt. Anlässlich der Vorstellung des Koalitionsvertrags gibt der Verein Mehr Demokratie e.V. auf der Informationsseite www.buergerrat.de einen Kurzüberblick über Losversammlungen auf Bundesebene und verbindet eine kritische Bilanz zur bisherigen Praxis mit Reformoptionen für eine höhere Verbindlichkeit der erarbeiteten Empfehlungen.
Beteiligungsexperiment »Wahlkreistag«: Wissenschaftliche Auswertung
Das Projekt »Hallo Bundestag« gestaltet mithilfe von »Wahlkreistagen« die Kommunikationsbeziehungen zwischen Wähler/innen und Gewählten neu. In Bürgerräten auf Wahlkreisebene diskutieren Menschen bundespolitisch relevante Themen und formulieren ein direktes Feedback an »ihre« Abgeordneten. Im Projektzeitraum 2023-2024 führte die Initiative Es geht LOS insgesamt 17 Wahlkreistage in sechs über Deutschland verteilten, regional unterschiedlichen Bundestagswahlkreisen durch. Mit dabei waren 18 Abgeordnete verschiedener Parteien sowie 412 per Zufall aus dem Melderegister ausgeloste Personen. In der Zwischenzeit wurden zwei wissenschaftliche Studien zum Projekt vorgelegt: Ein im vergangenen Jahr veröffentlichter Evaluationsbericht analysiert die Diversität der Teilnehmergruppen, die Prozessqualität und den Einfluss des Formats auf die Motivation zur politischen Beteiligung. Auch die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Begleitung machen Aussagen zu politischen Einstellungen von projektbeteiligten Personen. Bei ihnen wird u.a. ein Vertrauensgewinn in Politiker/innen sowie ein gesteigertes Selbstwirksamkeitsgefühl festgestellt. Eine Zusammenstellung der Ergebnisse sowie die Studien im Wortlaut sind auf der Projekt-Website abrufbar.
Publikationen
Publikation: Kreative Kohle – Handbuch für ko-kreative Partizipation im Strukturwandel
Die Publikation bietet konkrete Werkzeuge für die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Kunst und lokalen Akteuren in Regionen, die vom Kohleausstieg betroffen sind. Das Handbuch ist aus einem Community-Based Research (CBR)-Projekt entstanden und verbindet methodische Ansätze aus der partizipativen Forschung mit Social Design und audiovisueller Arbeit. Es richtet sich an alle, die den Strukturwandel in Braunkohleregionen aktiv mitgestalten möchten, von Bürger/innen über zivilgesellschaftliche Organisationen bis hin zu Unternehmen. Besonders wertvoll sind die praxiserprobten Methoden und Best Practices, die aufzeigen, wie transdisziplinäre Projekte gestaltet werden können, um nachhaltige Wirkungen für die lokale Bevölkerung zu erzielen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Das Praxishandbuch steht ab sofort kostenlos zur Verfügung.
Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (Hrsg.): Kreative Kohle. Handbuch für ko-kreative Partizipation im Strukturwandel. Halle/Saale 2024, 92 S., CC BY-NC-ND 4.0.
Das Buch im Wortlaut (PDF)
Publikation: Fördertöpfe für Vereine, selbstorganisierte Projekte und politische Initiativen
Das praxisorientierte Nachschlagewerk ist ein kompetenter Wegweiser innovativer Finanzierungswege zur Verwirklichung von Projektideen. Die nunmehr 16. komplett überarbeitete und aktualisierte Auflage porträtiert mehr als 500 regionale, bundesweite und internationale Stiftungen, öffentliche Förderprogramme sowie weitere Möglichkeiten zur Finanzierung von Projektideen. Die Broschüre umfasst 70 neue und 430 aktualisierte Einträge, sortiert dargestellt als systematische Auflistung mit Namen, Adressen, Links mit QR-Code, Wirkungskreis, Schlagworten, Förderinhalt, Umfang und Art der Finanzierung, Antragsverfahren und Zusatzinfos.
Netzwerk Selbsthilfe e.V. (Hrsg.): Fördertöpfe für Vereine, selbstorganisierte Projekte und politische Initiativen. Berlin 2025, 320 S., 16. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage.
Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
Netzwerk Bürgerbeteiligung: Netzwerktreffen 2025
Im bundesweiten Netzwerk Bürgerbeteiligung arbeiten Einwohner/innen, Politiker/innen, Mitarbeiter/innen aus der Verwaltung und Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Sie entwickeln gemeinsam Ideen und Initiativen zur Stärkung der Bürgerbeteiligung auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen und setzen diese um. Das diesjährige Netzwerktreffen am 23. Mai 2025 in Köln trägt den Titel »Gemeinsam handlungsfähig. Eine starke Demokratie braucht Beteiligung und Mitwirkung«. Das Netzwerktreffen richtet sich an Netzwerker/innen und Interessierte.
UPJ-Jahrestagung 2025
Die UPJ-Jahrestagung 2025 findet am 28. Mai 2025 in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin statt. Das Motto in diesem Jahr lautet: »Wirtschaft in Verantwortung!«. Die Jahrestagung richtet sich an Verantwortliche aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und öffentlichem Sektor. Am Vorabend der UPJ-Jahrestagung wird zudem erstmals der Deutsche Preis für Unternehmensengagement verliehen.
