eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 3/2025 (20.03.2025)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Bürgerbeteiligung aktuell
- Publikationen
- Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
BBE: Sechs Empfehlungen an die künftige Bundesregierung
Nach der Bundestagswahl hat das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) Anfang März sechs Empfehlungen für die künftige Bundesregierung publiziert. Die Regierung sollte demnach die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, des Ehrenamtes und der organisierten Zivilgesellschaft prioritär auf die politische Agenda setzen und sie zum Leitprinzip in allen Politikfeldern machen. Zugleich appelliert das Netzwerk an die künftige Regierung, in der kommenden Legislaturperiode Rechtssicherheit auch für die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen zu schaffen, den bürokratischen Rahmen für zivilgesellschaftliche Organisationen zu vereinfachen und die Engagementförderung gesetzlich zu regeln. Mit fast 300 korporativen Mitgliedern ist das BBE europaweit das größte sektorenübergreifende Netzwerk zur Förderung von Engagement und Ehrenamt und zur Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft.
Die Empfehlungen im Wortlaut (PDF)
Handreichung: Schutzraum Freiwilligenagentur
In Zeiten, in denen demokratische Grundwerte zunehmend unter Druck geraten, rücken Fragen von Schutz und Prävention im Engagement auch im Alltag einer Freiwilligenagentur vermehrt in den Fokus. Eine neue Handreichung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen bietet nun konkrete Anknüpfungspunkte, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. In insgesamt sieben Kapitel teilen Expert/innen aus Wissenschaft, Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft ihre Erfahrungen zu Schutz und Prävention. Das Dokument bietet auf etwa 80 Seiten praxisnahe Handlungsmöglichkeiten, konkrete Umsetzungsschritte und grundlegende Diskussionen – und ist somit für Freiwilligenagenturen, aber auch weitere zivilgesellschaftliche Organisationen von Interesse.
Forum Zivilgesellschaftsdaten: Demokratie, Informalisierung, Engagement
Das Forum Zivilgesellschaftsdaten (FZD) hat im März zwei neue Arbeitspapiere vorgelegt, die sich mit aktuellen Trends und Erkenntnissen der Engagementforschung beschäftigen. Das erste steht unter der Überschrift »Demokratie und Engagement« und versammelt Schlussfolgerungen aus der 9. Themensitzung des Forums Zivilgesellschaftsdaten. Demnach zeigen sich größere Differenzen zwischen Engagierten und Nicht-Engagierten hinsichtlich der Demokratieunterstützung. Es sei nun nötig herauszufinden, welche Faktoren diese Unterschiede bedingen und wie sie verringert werden können. Zudem sei die Kausalität zwischen Engagement und Demokratieunterstützung noch nicht ausreichend geklärt. Es brauche mehr Forschung dazu, wann und wie Engagement demokratische Werte fördert oder aber demokratische Einstellungen die Bereitschaft zum Engagement steigern. Im zweiten Memo Paper geht es um die Frage, wie informelles und formales Engagement zusammenspielen und welche Folgen die Entwicklung für die Engagementförderung hat.
Studie: Politische Teilhabe von jungen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte
Eine aktuelle Studie des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) hat die Teilhabechancen junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zwischen 15 und 35 Jahren untersucht. So sind nach der Bundestagswahl Menschen mit Migrationshintergrund mit 11,6 Prozent der Abgeordneten weiterhin unterrepräsentiert. Aber auch jenseits von Wahlen zeigen sich Lücken; besonders junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sind seltener politisch aktiv als Gleichaltrige ohne Zuwanderungsgeschichte. Mithilfe qualitativer Interviews geht die Studie nun dem Beteiligungsdefizit junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte nach. Fehlendes Wissen über politische Strukturen und Beteiligungsmöglichkeiten ist ein Grund, der den Zugang zu Politik erschwert. Um Teilhabe zu verbessern, brauche es Vorbilder in der Politik sowie Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit. Die Studie empfiehlt, Angebote politischer Bildung schon ab dem Grundschulalter an allen Schulformen vorzusehen sowie Kooperationen mit außerschulischen und zivilgesellschaftlichen Bildungsträgern zu intensivieren.
Die Studie im Wortlaut (PDF)
Online-Kurs: Wie gründe ich einen Gemeinschaftsgarten?
Der von der Münchner »anstiftung« entwickelte kostenlose Online-Kurs zeigt Schritt für Schritt, wie ein Gemeinschaftsgarten entsteht: Von der ersten Idee über den Austausch mit erfahrenen Gemeinschaftsgärtner/innen zu einem Konzept, das den eigenen Bedürfnissen entspricht, bis zur Gestaltung und Eröffnung eines (interkulturellen) Gemeinschaftsgartens. Der Kurs versteht sich als zweistündige individuelle Lernreise, die von zahlreichen Anschauungsbeispielen, Praxistipps sowie interaktiven Quizfragen begleitet wird. Der Online-Kurs ist im Rahmen der Forschungsarbeit der »anstiftung« entstanden, die seit vielen Jahren Räume und Netzwerke des Selbermachens fördert, vernetzt und erforscht.
Neulandsucher Ost-West: Neue Runde gestartet
Die Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus und der Verein Neuland gewinnen e. V. schreiben 2025 zum zweiten Mal gemeinsam das Programm Neulandsucher Ost-West aus. Der Verein und die Stiftung wollen auf diese Weise ungewöhnliche Wege und innovative Strategien unterstützen, die das demokratische Gemeinwesen in ländlichen Räumen in Ost- und Westdeutschland stärken. Bewerben können sich Menschen aus Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen, die ein Vorhaben in Trägerschaft einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in einer Gemeinde mit bis zu 50.000 Einwohner/innen durchführen wollen. Bewerbungsschluss ist der 4. Mai 2025. Die Förderung ist auf ein Jahr angelegt und umfasst 5.000 Euro pro Projekt.
Im Fokus: Bürgerbeteiligung aktuell
Was tun, wenn es knallt?
Bürgerbeteiligung bietet die Chance, gesellschaftliche Konflikte partizipativ zu bearbeiten. Ein Blick in die kommunale Praxis zeigt, dass es sich lohnt, auch schwierige Themen im Rahmen von Beteiligungsprozessen gemeinsam zu erörtern und Argumente auszutauschen. Wieso es angesichts der vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit nicht weniger, sondern mehr Beteiligungsmöglichkeiten braucht und welche Formate und Haltungen bei schwierigen Themen weiterhelfen, zeigen Anni Schlumberger und Hannes Schuster in ihrem Gastbeitrag an einem Beispiel aus Nürtingen.

Alles für die Schublade? Erwartungsmanagement in Beteiligungsverfahren
Kommunen stehen vor der Herausforderung, Partizipationsverfahren so zu gestalten, dass sie effektiv, transparent und ergebnisorientiert sind. Bürgerbeteiligung kann jedoch nur dann großes Potenzial entfalten, wenn für alle Beteiligten die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden. Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann aus einem oft konfliktgeladenen Prozess ein konstruktiver Dialog entstehen, der zu einem vertrauensvolleren Miteinander der beteiligten Akteure führt. Welche Faktoren ein erfolgreiches Erwartungsmanagement im Rahmen von Beteiligungsprozessen ausmachen und welche Rollen die unterschiedlichen Akteure aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft dabei einnehmen können, erläutern Hannes Hasenpatt und Yannik Roscher in ihrem Gastbeitrag.

Bürgerbeteiligung im Umfeld polizeilicher Aufgabenwahrnehmung
In Zeiten gesellschaftlicher Veränderung, in denen Komplexität und Konflikte zunehmen, kommt kollektiver Sicherheit eine wachsende Bedeutung zu. Damit rückt auch die staatliche Institution der Polizei in den Fokus. Jan-Philipp Küppers erläutert in seinem Gastbeitrag, wie dialogische Beteiligungsverfahren im polizeilichen Arbeitsumfeld dabei helfen können, das oftmals angespannte Verhältnis zwischen Polizei und gesellschaftlichen Gruppen zu befrieden und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Er ist sich sicher: Obwohl der Spielraum für die Ausgestaltung und den Einsatz dieser Beteiligung Grenzen hat, gibt es insbesondere auf der lokalen Ebene große Potenziale für den Einsatz partizipativer Verfahren, um langfristig ein neues Verhältnis von Bürger/innen und Polizei innerhalb einer integrierten Sicherheitsstruktur zu entwickeln.

Gemeinwesenarbeit als Brückenbauerin: Zukunftsorientiertes Miteinander im Sozialraum
Gemeinwesenarbeit befasst sich mit der Verbesserung lokaler Lebensbedingungen im Sinne der Menschen vor Ort und ist ein traditions- und variantenreiches Konzept Sozialer Arbeit. Dabei setzt sich Gemeinwesenarbeit für eine partizipative, langfristige Stadtteil- und Quartiersentwicklung ein, bei der Menschen als Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenswelt angesehen werden. Welchen Beitrag die Gemeinwesenarbeit als Brückenbauerin für ein zukunftsorientiertes Miteinander im Sozialraum leisten kann und was das für die lokale Demokratie bedeutet, erklärt Milena Riede in ihrem Gastbeitrag.

Norderstedt: Bürgerbeteiligung in der »Zukunftsstadt«
Die Stadt Norderstedt steht vor der Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der sowohl den Bedürfnissen älterer Menschen als auch denen anderer Bevölkerungsgruppen gerecht wird. In diesem Kontext startete die Stadt im Rahmen eines Forschungsprojekts diverse dialogische Beteiligungsverfahren, an denen sich die Menschen in Norderstedt beteiligen konnten. Anabell Lehne stellt das Projekt und seine Ergebnisse vor und beleuchtet in ihrem Gastbeitrag die verschiedenen Phasen des Beteiligungsverfahrens.

Publikationen
Publikation: Resonante Demokratie
Natürlich sind die allermeisten Menschen in Deutschland froh, in einem demokratischen Staat leben zu können. Dennoch wächst die Kritik an der Umsetzung der Demokratie und auch ein Misstrauen in das System als Ganzes. Der Autor geht der Frage nach den tieferen Ursachen für diese Entwicklung nach. Aufbauend auf den Erkenntnissen der Resonanztheorie und Theorien aus dem Umfeld der pluralen Ökonomie entwickelt der Autor ein Demokratie-Modell, in dem sich die Bürger/innen wahrgenommen fühlen und auch Selbstwirksamkeit entwickeln können – die »resonante Demokratie«.
Norbert Bernholt: Resonante Demokratie – Gestaltungsmöglichkeiten für eine selbstwirksame Gesellschaft. Marburg 2025, 120 S., ISBN 978-3-96317-408-7
Publikation: Meinungsfreiheit auf digitalen Plattformen
Digitale Plattformen verändern politische, wirtschaftliche und soziale Beziehungen und Strukturen in rasantem Tempo. Dies gilt insbesondere für die Möglichkeiten und Formen der Meinungsäußerung sowie für die Herstellung von Öffentlichkeit. Der Autor beschreibt, systematisiert und diskutiert Herausforderungen für das Recht auf Meinungsfreiheit, die sich aus der Plattformisierung des Internets ergeben. Sein Fokus liegt dabei auf herabsetzenden Äußerungskonstellationen und -dynamiken, an denen sich die Probleme kristallisieren. In diesem Zuge widmet er sich staatlichen und privaten Regulierungstendenzen, die zur Lösung der aufgeworfenen Fragen beitragen sollen. Das Buch liegt auch im OpenAccess-Format vor.
Philipp Buchallik: Meinungsfreiheit auf digitalen Plattformen. Dynamiken und Konstellationen herabsetzender Kommunikation. Bielefeld 2025, 408 S., ISBN 978-3-8376-7519-1
Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
Festival der Skalierung 2025
Beim Festival der Skalierung (29. April 2025 in Frankfurt am Main) bringt die Stiftung Bürgermut Akteure aus Zivilgesellschaft, Stiftungen, Unternehmen und der öffentlichen Hand zusammen, um die Verbreitung sozialer Innovationen zu fördern und einen Raum zu schaffen, in dem gemeinsame Lösungen für große gesellschaftliche Herausforderungen entwickelt werden können. Im Mittelpunkt steht die Wechselwirkung von Resilienz und Skalierung. Die Veranstaltung wird neben kurzen Impulsen, Paneldiskussionen und Workshops auch viel Raum für Vernetzung und gegenseitigen Austausch bieten.
Online-Seminar: Gute Idee! Gutes Projekt?
Das Online-Seminar der Stiftung Mitarbeit (Mittwoch, 07. Mai 2025, 17.00–19.30 Uhr) richtet sich an zivilgesellschaftliche Initiativen, Zusammenschlüsse und Vereine und führt in die Entwicklung und das effiziente Management von Projekten ein. Ziel ist es, das »Denken in Projekten« zu lernen, um zukünftig eigenständig förderfähige Projekte entwickeln und begleiten zu können. Außerdem werden die Vor- und Nachteile einer projektorientierten Arbeitsweise beleuchtet. Das Seminar bietet zudem Gelegenheit zum praxisnahen Austausch über Erfahrungen und für die Fragen der Teilnehmer/innen.