Zukunftskonferenz

Seite 1: Einführung

Die Zukunftskonferenz in ihrer heutigen Form ist ein Produkt, das über fast zwei Jahrzehnte gereift ist. Dabei bezieht sie fundamentale Erkenntnisse und Erfahrungen der Organisationsentwicklung und Systemtheorie seit Beginn der 1930er Jahre konsequent mit ein. Im Ergebnis steht heute eine sehr einfache, stabile und äußerst erfolgreiche Struktur für eine Entwicklungs-, Planungs- und Umsetzungswerkstatt zur Nutzung in fast allen Arten von Organisationen und Lebensbereichen.

Einführung

Sowohl bei der Darstellung der Methode »Zukunftskonferenz« als auch der »RTSC-Großgruppen-Werkstatt« sind die Themen »Erfolgsvoraussetzungen«, »Rolle der Berater« sowie »Vorbereitungsdauer und Aufwand« bewusst relativ ausführlich dargestellt, da sie grundlegend sind für Methoden, die selbst Prozesscharakter haben, insbesondere bei zwei- bis dreitägiger Dauer. Zusätzlich sind insbesondere die sog. »Großgruppen« heute nahezu unverzichtbare Bestandteile eines effektiven Entwicklungs- und Veränderungsprozesses in »großen Systemen«. Daher umfasst die gründliche Vorbereitung einer Zukunftskonferenz immer auch die Planung der Umsetzungsschritte sowie die möglichen Auswirkungen auf bereits laufende oder in Kürze beginnende andere Vorhaben.

Die Struktur im Überblick:

Anwendungsmöglichkeiten und Ziel

Entwicklung langfristiger Ziele und Maßnahmen für eine ganze Organisation, eine Stadt, eine Region oder größere Teilbereiche sowie strategische Querschnittsthemen wie z.B. »Zukunft der Jugendarbeit im Stadtteil«, geeignet auch für Menschen und Gruppen mit divergierenden Interessen und konfliktreicher Vergangenheit. Die Methode steht in der Regel am Beginn eines Entwicklungsprozesses.

Dauer

ca. 18 Std. auf drei Tage verteilt

Teilnehmerzahl

64 optimal, 30 bis 80 möglich, mehr in parallelen Konferenzen

Teilnehmer

Das »ganze, offene System« lernt und plant zusammen in einem Raum, d. h. neben einem Querschnitt der Organisation über alle Funktionen und Ebenen hinweg sind wichtige externe Interessengruppen (z. B. Kunden, Lieferanten, Händler, Lizenznehmer) dabei. In Städten/Stadtteilen sind Vertreter aller relevanten Bevölkerungsgruppen und Institutionen Teilnehmer. Das Zusammenbringen der unterschiedlichsten Perspektiven ermöglicht es, die ganze Realität zu erkennen.

Ablauf

Die Teilnehmer arbeiten in wechselnder Zusammensetzung, sog. homogenen (z. B. Wirtschaft, Natur und Umwelt, usw.) oder max-mix-Gruppen (je ein Teilnehmender eines jeden Tisches als gemischte Arbeitsgruppe) von ca. acht Personen in einem großen Raum. In sechs Arbeitsschritten werden die Vergangenheit und die externe und interne Realität untersucht, dann werden Zukunftsbilder entworfen und kreativ inszeniert, gemeinsame Ziele gefunden und schließlich Maßnahmen geplant. Die einzelnen Schritte sind sehr durchdacht und erprobt und haben alle jeweils eine kognitive (informationserzeugende) und affektive (mobilisierende) Wirkung.

Vorbereitung

Sechs Wochen bis sechs Monate, zweitägiger Planungsworkshop; in Städten finden die Vorbereitungsworkshops abends statt, meist drei bis vier Treffen, ergänzt um ein Kernteam aus Mitgliedern der Stadtverwaltung.


Der Standard-Ablauf einer Zukunftskonferenz:

Tag 1 Tag 2 Tag 3
Rückblick in die Vergangenheit (Einzelarbeit und max-mix Gruppen) Welche Entwicklungen kommen auf uns zu? (Einzelarbeit und Brainstorming im Plenum – Erstellen einer mind map) Unsere heutigen Antworten auf die Entwicklungen von morgen (Homogene Gruppen) Stolz und Bedauern (Homogene Gruppen) Visionsphase (max-mix-Gruppen) Konsensphase (Plenum) Maßnahmenplanung (Freiwillige bilden themenbezogene Aktionsgruppen) Schlusskreis mit Ausblick (Plenum)
Dauer: ca. 5 Std. Dauer: ca. 5–6 Std. Dauer: ca. 5–6 Std.

 

Seite 2: Einsatzmöglichkeiten, Erfolgsvoraussetzungen, Grenzen

Einsatzmöglichkeiten der Zukunftskonferenz

Die Zukunftskonferenz wird typischerweise dann eingesetzt, wenn eine Organisation oder eine Gemeinde eine Neuorientierung bzw. einen Aufbruch plant, an dem möglichst alle wichtigen Bereiche, Strömungen, Interessengruppen mitwirken sollen. Sie steht also in der Regel am Anfang eines Prozesses.

Zukunftskonferenzen können zur Zukunft einer Organisation (Unternehmen, Schule, Krankenhaus, Verein...), zur Zukunft einer Stadt oder eines Stadtteiles oder eines bestimmten Themas wie »Zukunft der Jugendarbeit« durchgeführt werden. Wichtig ist jedoch immer, dass der Auftraggeber offen ist für die Anregungen und Wünsche der Teilnehmer und will, dass hinterher auch möglichst viel erfolgreich umgesetzt wird. Diese Umsetzung sollte vom Auftraggeber auch angemessen unterstützt werden.

Erfolgsvoraussetzungen

Im Kern lassen sich folgende Voraussetzungen als erfolgsentscheidend benennen:

  • Die Auftraggeber/Führungsspitze müssen offen sein für die Beiträge der Teilnehmer und selbstverständlich an der Konferenz teilnehmen.
  • Die Konferenz sollte Teil eines klar definierten Gesamtkonzeptes sein, das auch die notwendige Unterstützung seitens der »Führung« hat, einschließlich der Ausstattung mit angemessenen Ressourcen (Personal, Know-how, Arbeitsmittel, Kontakte, Geld) für den Nachfolgeprozess.
  • Die Konferenz muss sorgfältig vorbereitet sein, insbesondere die Gewinnung der gewünschten Teilnehmer ist mit Klarheit, Wertschätzung und Engagement zu betreiben. Zur Vorbereitung gehört gerade bei Zukunftskonferenzen in Städten und Regionen unbedingt eine qualifizierte und ehrliche Medienarbeit.
  • Die Auswahl der Teilnehmer sollte mit großer Sorgfalt, gerade hinsichtlich Repräsentativität (Alter, Geschlecht, Kultur, möglichst vielfältige Berufs- und Lebensbereiche, Menschen mit »Macht und Einfluss« und »normale«) erfolgen.
  • Die Moderatoren für eine »klassische« Zukunftskonferenz sollten zumindest eine qualifizierte Ausbildung für diesen Werkstatt-Typ nachweisen können.

Grenzen der Anwendung – thematisch und teilnehmerseitig

Obwohl Zukunftskonferenzen durchaus auch zu sehr konfliktreichen Themen erfolgreich durchgeführt werden können, sind sie kein geeignetes Mittel um fundamentale Meinungsunterschiede aufzuheben. In diesem Sinne kann sie auch nicht eingesetzt werden, wenn es um eine reine Ja/ Nein-Entscheidung geht (Autobahn/Umgehungsstraße, Schlossplatz bebauen oder nicht) oder ein ganz bestimmtes Ergebnis herauskommen soll.

Sofern zur Bewältigung der Aufgabe und mit Blick auf die Umsetzung weniger als 30 Personen ausreichend erscheinen, sollte unter Umständen eher die Zukunftswerkstatt oder die kleine Schwester der Zukunftskonferenz, die »search conference« (Fred Emery), gewählt werden.

Auf den Einsatz einer Zukunftskonferenz sollte auch verzichtet werden, wenn die Auftraggeberseite nicht will, dass sich zur Umsetzung der Maßnahmen auf freiwilliger Basis und interessengeleitet Aktionsgruppen bilden. Der beachtliche Erfolg der Zukunftskonferenz als Methode basiert ganz maßgeblich auf der Kraft von Aktionsgruppen, die auf Grund eines gemeinsam erkannten Anliegens eigeninitiativ und selbstverantwortlich handeln wollen und können. Das bedeutet nicht, dass die Initiativgruppen nicht durch weitere Personen oder spezielle Fachkompetenz ergänzt werden können und sollten.

Teilnehmerseitig gibt es nach unserer Beobachtung kaum Grenzen mit Ausnahme einer unteren Altersgrenze und der Möglichkeit, die Sprache im Großen und Ganzen zu verstehen und zu sprechen. Sofern  Menschen anwesend sind, die gute Übersetzungshilfe leisten können, ist aber auch die Sprache keine unüberwindbare Hürde. In den von uns durchgeführten Zukunftskonferenzen waren Menschen unterschiedlicher Kulturen und Nationalitäten dabei. Der jüngste Teilnehmer war zwölf Jahre alt, der älteste über 80. Beide waren über die ganze Zeit aktiv bei der Sache. Als Altersuntergrenze sehen wir in etwa 14 Jahre an.

Seite 3: Vorbereitungsdauer, Aufwand und Kosten

Vorbereitungsdauer, Aufwand und Kosten

Die Vorbereitung für eine Zukunftskonferenz mit rund 60–70 Teilnehmern als Ziel dürfte im öffentlichen Bereich (Stadt, Stadtteil, Quartier) je nach Thema zwischen etwa drei und sechs Monaten dauern, wobei die Hauptaktivität auf der Gewinnung der gewünschten Teilnehmer sowie in einer qualifizierten Medienarbeit liegt. Die Vorbereitung einer Zukunftskonferenz erfolgt immer im Zusammenwirken mit einer Vorbereitungsgruppe, die idealerweise bereits ein Abbild der gewünschten Teilnehmerschaft im Sinne der Vielfalt sein sollte. In Städten umfasst die Kern-Vorbereitungsgruppe etwa 8–15, in Organisationen etwa 5–8 Personen. Zumindest zu Beginn und zum Ende der Vorbereitungsphase sollte die Führungsspitze (Bürgermeister, Amtsleitung, Geschäftsführung) in der Vorbereitungsgruppe aktiv mitarbeiten.

Der organisatorisch-logistische sowie technische Aufwand ist bei einer Zukunftskonferenz angesichts der noch sehr überschaubaren Teilnehmerzahl relativ gut zu bewältigen. Wichtig ist eine frühzeitige Information an die Wunschteilnehmer und Wunschinstitutionen über den geplanten Termin, damit dort diese zweieinhalb Tage im Kalender freigehalten werden.

Die Hauptkostenpositionen setzen sich zusammen aus

  • Kosten für zwei Moderatoren für Vorbereitung, Durchführung und Auswertungsgespräch
  • Kosten für die Anmietung geeigneter Räumlichkeiten und ggf. Technik (Mikrofone, Beschallung, Flipcharts u. ä.)
  • Verpflegung der Teilnehmer

Für den mittel- und langfristigen Erfolg eines Veränderungs- und Entwicklungsansatzes ist gerade die Startphase von ganz entscheidender Bedeutung. Vor diesem Hintergrund bietet gerade eine Großgruppenkonferenz einen sehr geeigneten und öffentlichkeitswirksamen Anlass, das Fundament für die angestrebten Entwicklungsziele nach bestmöglichem Wissen und Können zu legen.d Können zu legen.hischen Übersicht

Autor

Peter Bauer
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