»Wenn einer alleine träumt, dann bleibt es ein Traum. Wenn aber wir alle gemeinsam träumen, dann wird es Wirklichkeit« – dieser Gedanke von Helder Camara sollte im niederländischen Unternehmen Syntegra Realität werden. Veränderungen waren auf jeden Fall dringend notwendig, denn zuvor hatte das IT-Beratungsunternehmen in kurzer Zeit massiv Marktanteile verloren und einen Führungswechsel erlebt. Der neue leitende Direktor der Syntegra Niederlande, Joep de Jong, hatte jedoch schon vorher Erfahrungen mit Appreciative Inquiry gesammelt und beschloss, dies auch im neuen Unternehmen anzuwenden. Umgesetzt wurde es von Juli 1998 bis September 1999 mit Unterstützung des Beraters Walter Bruck. Auch er sieht Vorteile darin, wenn die Teilnehmer schon Erfahrung mit AI haben, denn »je öfter AI angewendet wird, desto kraftvoller ist es«, sagt er, »Dies liegt wahrscheinlich daran, dass einerseits die Sichtweise von AI schon leichter fällt und damit noch einfacher Wertvolles aufgedeckt werden kann und andererseits auch schon ›Negatives‹ transformiert wurde.«

Ein fünfköpfiges Management-Team sollte Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung des Geschäftsbereichs von Syntegra finden. Im Juli 1998 beschloss das Team seine Ziele. So sollte das Sollbudget bis Ende des Geschäftsjahres im März ausgeglichen werden. Außerdem sollte sich das Organisationsmodell im Haus so verändern, dass der Beitrag jedes einzelnen Mitarbeiters gewürdigt würde. Im September wurden mit Hilfe von zwei externen Beratern Interviews zu vier Themen (»Teamarbeit«, »Vertrauen innerhalb des Geschäftsbereichs«, »Kommunikation zwischen den Abteilungen und Belohnung« und »Anerkennung von Mitarbeitern«) erarbeitet. Zusammen mit zwei Spezialisten von Appreciative Inquiry sollte nun ein Mitarbeiter an einem Tag einen ersten »Zukunftsgipfel« (Appreciative Inquiry Summit) durchführen. Dabei sollten alle vier Phasen von AI an einem Tag durchlaufen und trotzdem gute Ergebnisse erzielt werden. Die 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gipfels wurden in vier Gruppen aufgeteilt, um jedes Thema getrennt bearbeiten zu können. In der ersten Phase interviewten sich die Beteiligten gegenseitig und fragten dabei nach positiven Team-Erlebnissen. Anschließend tauschten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich über die Ergebnisse aus. Dabei zeigte sich, dass die wenigsten Erinnerungen aus der Arbeit bei Syntegra stammten. Meist erzählten sie von früheren Arbeitsverhältnissen. Nach Ansicht einiger Teilnehmer hätte diese Phase auch länger sein können: »Leider waren die Interviews zu kurz, weil ich mehr über meine Kollegen wissen möchte«, meinten sie später. Auch Organisator Walter Bruck hat daraus Konsequenzen gezogen: »Der Tag sollte nicht erst um 9 Uhr beginnen, weit besser ist es, bereits am Vorabend zu starten«, meint er heute, »außerdem ist eine schriftliche Vorlage für die Teilnehmer hilfreich.«

Die Phasen des Visionierens und Gestaltens wurden zusammengefasst. Dabei entwickelten die Gruppen Zukunftsaussagen für ihr Thema, beispielsweise »die besten Resultate erreichen wir in kleinen Teams«. Schließlich wurde überlegt, wie die Ideen verwirklicht werden könnten. Dabei wurde besonderer Wert auf die Nachhaltigkeit der Ergebnisse gelegt. Dafür wurde beschlossen, die Zukunftsaussagen der Projekte zusammen mit Fotos der Gruppen auszustellen. Sie hängen nun im Hauptflur der Firma, so dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich beim Kommen und Gehen daran erinnert werden.

Bestimmte Aktionen wurden sofort eingeführt und beibehalten. »Entscheidend für den Erfolg war, dass der Geist von AI auch in den Strukturen Einzug gefunden hat«, meint Berater Walter Bruck, »so wurde z.B. das Qualitätsmanagementsystem um das Feedback positiver Leistungen durch Kunden oder Kollegen erweitert. Bisher wurde es nur verwendet, um Fehler festzustellen. Jetzt ist es möglich, positive Aussagen über herausragende Leistungen aufzunehmen. Diese werden auch zur Belohnung der Mitarbeiter herangezogen. Nach und nach wurden bei Syntegra vier solcher Zukunftsgipfel durchgeführt. Innerhalb von 14 Monaten fanden so alle Beteiligten eine neue Sicht auf ihre Arbeit. Durch einen erheblich kundenfreundlicheren Ansatz gelang es, wieder ein Marktwachstum zu erreichen. Gleichzeitig ist seitdem die Personalfluktuation zurückgegangen. Am Anfang gab es auch viel Skepsis in der Firma. Doch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagten sich: »Endlich passiert mal was!« und »Ich freue mich schon darauf, das alles zu verwirklichen.«

Schließlich entwickelte der Prozess eine ganz eigene Dynamik, so dass allgemein der Eindruck entstand: »Wir haben jetzt die Energie, um das alles zu verwirklichen.« Eine Einschätzung, die sich bewahrheiten sollte.

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Walter Bruck
Menschenorientierte Unternehmensentwicklung
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