10 Jahre nach dem ersten Umweltbericht sollte die Umweltvorsorge der Stadt Ulm neu strukturiert werden und mit der Verabschiedung von Leitlinien im Gemeinderat neue Verbindlichkeit erhalten. Mehrere Umweltschutzverbände und Interessengruppen forderten zu dieser Zeit (1996) den offiziellen Beginn eines lokalen Agendaprozesses in Ulm. Doch der politischen Bereitschaft dazu standen zu viele Fragen gegenüber, weil man zu wenig über die Interessen und das Aktionspotential der Bürgerschaft wusste. Stadtverwaltung und Gemeinderat entschieden sich daher für einen thematisch und zeitlich überschaubaren Umweltdiskurs. Bis zur Präsentation der Ergebnisse galt der Ulmer Umweltdiskurs im politischen Kontext als Experiment. Der Ausgang des Experimentes sollte unter anderem darüber entscheiden, ob die Stadt sich für die Aufstellung einer lokalen Agenda einsetzen würde.

Im Zentrum des Umweltdiskurses standen die drei Leitlinien zur Flächenschonung, zum Klimaschutz und zur weiteren Verkehrsplanung. Zu jeder dieser Leitlinien hatte die Verwaltung konkrete Umsetzungsmaßnahmen ausgearbeitet. Umfangreiche Fachgutachten zu verschiedenen Maßnahmenblöcken lagen vor. Der Gemeinderat war sich in der Bewertung dieser Maßnahmen und der Leitlinien nicht einig. Anhand einer Diskussion der Leitlinien und Maßnahmen in der Bürgerschaft wollten die Stadträte mehr über die Beurteilung aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger, der Vereine und Verbände, Unternehmen und bürgerschaftlichen Organisationen erfahren.
Es wurde ein Organisationsteam gebildet. In ihm arbeiteten die Stadt, die Akademie für Technikfolgenabschätzung des Landes Baden-Württemberg (TA-Akademie) als unabhängige Einrichtung und Expertin für diskursive Verfahren und der Ulmer Initiativkreis nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (unw) in seiner Funktion als Kenner der lokalen Vereins- und Verbandsstruktur ein Konzept für den Umweltdiskurs aus.

In der ersten Phase des Umweltdiskurses hat der unw die Positionen und Meinungen von insgesamt 30 bürgerschaftlichen Einrichtungen in Ulm mithilfe einer schriftlichen Befragung erhoben. Um die nicht organisierten Bürgerinnen und Bürger einzubinden, setzte die TA-Akademie das Instrument der Konsensuskonferenz ein. Dazu wurden in Ulm 2000 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger vom Oberbürgermeister angeschrieben und zur Teilnahme aufgefordert. Gut 20 Prozent sind der Aufforderung gefolgt. Aus dieser Gruppe wurden 20 Personen, geschichtet nach Stadtteil, Geschlecht und Alter, ausgewählt, die die Konsensusgruppe bildeten. Sie erarbeiteten für den Gemeinderat eine Bürgerempfehlung. Die Konsensusgruppe arbeitete über vier Wochenendsitzungen. Am ersten Wochenende bildete sich die Gruppe und lernte sich näher kennen. Ausgewählte Expertinnen und Experten führten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ins Thema ein. Anschließend einigte sich die Bürgergruppe auf die inhaltlichen Schwerpunkte. Am zweiten Wochenende wurden ein Fragenkatalog zusammengestellt und überlegt, welche Referenten für diese Themen geeignet wären. In zwei öffentlichen Veranstaltungen kam es dann zu einem intensiven Dialog mit den Sachverständigen. Darauf aufbauend arbeitete die Konsensusgruppe eine Empfehlung aus, die von allen 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Konsens getragen wurde. Schließlich präsentierte die Gruppe ihre Empfehlungen in einer öffentlichen Gemeinderatsitzung und übergab sie anschließend dem Oberbürgermeister und dem Gemeinderat.

Erfahrungen haben gezeigt, dass die Vorbereitungen mindestens zwei Monate und die Durchführung einer Konsensuskonferenz mindestens sechs Monate in Anspruch nehmen. Die größten Kosten verursachten die Organisation und Moderation der Veranstaltungen mit rund 20.000 Euro. Das Verfahren zur Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatte rund 1.000 Euro gekostet. Hinzu kamen noch Sach- und Materialkosten von rund 5.000 Euro.
Hat sich die Durchführung des Umweltdiskurses gelohnt? Im Ulmer Umweltdiskurs haben sowohl die bürgerschaftlichen Einrichtungen wie auch die Konsensusgruppe die Leitlinien mit geringen Einschränkungen bestätigt und der zuständige Ausschuss des Gemeinderates hat sie dann verabschiedet. Was aber folgte aus den vielen Empfehlungen? Mit den Umweltleitlinien wurde ein kleiner Ausschnitt der Lokalen Agenda 21 formuliert, mit Maßnahmen verbunden, auf Konsens geprüft und vom Gemeinderat verabschiedet. Danach erarbeitete die Verwaltung Konzepte zur Ausgestaltung der Maßnahmenentwürfe und zu deren Umsetzung. Diese Konzepte legte sie dem Gemeinderat gut ein halbes Jahr später vor. Der Gemeinderat beschloss, die lokale Agenda offiziell zu gründen und gab den Auftrag, ein Agendabüro einzurichten. Außerdem sollte die zweite Säule der Nachhaltigkeit – nämlich die soziale Nachhaltigkeit – bearbeitet werden. Noch im Jahr 1998 beschloss der Gemeinderat, einen Sozialdiskurs nach dem Vorbild des Umweltdiskurses durchzuführen. In diesem Sinne wurde 1999 die Sozialagenda als ein weiterer Bestandteil der Lokalen Agenda verabschiedet.

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