Praxisbeispiel Kinder in der Mitte

Vorarlberg als kinderfreundlichstes Bundesland

Eine Gesellschaft, in der die Bedürfnisse von Kindern in die Mitte der Überlegungen gerückt werden, investiert in die Lebensqualität aller – heute und morgen. Ausgehend von dieser Überlegung initiierte die Vorarlberger Landesregierung das Projekt »Kinder in die Mitte« mit dem Ziel, Vorarlberg zum kinderfreundlichsten Bundesland Österreichs zu machen.

In einem breit angelegten Beteiligungsprozess sollten Empfehlungen für Maßnahmen partizipativ entwickelt werden. Darüber hinaus ging es auch darum, gesellschaftliche Akzeptanz und Unterstützung für das Thema Kinder-, Jugend- und Familienfreundlichkeit zu schaffen, für die verschiedenen Fragestellungen und Aspekte des Themas zu sensibilisieren und ein positives Klima für die Umsetzung von Maßnahmen zu erzeugen.

Kinder und Jugendliche entwickeln ein Ideenkonzept

In der ersten Phase entwickelten 51 per Zufall ausgewählte Kinder und Jugendliche von 10 bis 15 Jahren Vorstellungen zum Projekt »Kinder in die Mitte« in einem sogenannten Planungszirkel, einer Kombination der Verfahren Zukunftswerkstatt und Planungszelle. In der Zukunftswerkstatt diskutierten die Kinder und Jugendlichen Meinungen und Ansichten zu ihrem Lebensumfeld und entwickelten fantasievolle Ideen, Ansätze und Vorschläge. Die Ergebnisse wurden von Experten beraten und den Kindern erneut für mögliche Veränderungen vorgelegt. Aufbauend auf den variierten Ergebnissen berieten die Experten sodann über die genaue Ablaufstruktur der Planungszellen, die in einem nächsten Schritt mit Erwachsenen durchgeführt werden sollten.

In Planungszellen zum Bürgergutachten

In der zweiten Phase, in den vier Planungszellen, verglichen die per Zufall ausgewählten Bürgerinnen und Bürger im Alter von 17 bis 83 Jahren die zusammengetragenen Informationen mit Expertenwissen, Stellungnahmen von Interessenvertreter/innen und ihren eigenen Lebenserfahrungen, um anschließend konkrete Empfehlungen abzugeben.

Kern ihrer Arbeit war das Gespräch in ständig wechselnden Kleingruppen, da es vor allem um den Vergleich der Informationen mit ihren Lebenserfahrungen ging. Am ersten Tag wurde in das Verfahren eingeführt. Die Teilnehmenden erhielten Gelegenheit, vor der Eingabe neuer Informationen ihre Gedanken zum Thema in einer ersten Kleingruppenphase mit weiteren Bürgergutachter/innen zu diskutieren. Als eine wesentliche Grundlage der weiteren Arbeit wurde das im Planungszirkel entwickelte Ideenkonzept von einem Teil der Kinder und Jugendlichen präsentiert. Die von Expert/innen eingebrachten Informationen reichten von Erziehungskompetenz, familiären Netzwerken, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Schule, Kinderbetreuung bis hin zur Partizipation von Kindern und Jugendlichen. Am vierten und letzten Tag wurden von den Bürgergutachter/innen Leitlinien formuliert und Musterprojekte definiert. Die Ergebnisse wurden in einem Bürgergutachten zusammengefasst.

Am »Runden Tisch« hatten sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene noch zusätzlich die Möglichkeit, in einen Dialog mit den zuständigen Expert/innen und Verantwortlichen aus der Region zu treten und ihre Forderungen anzubringen und zu reflektieren. Aus diesem Dialogprozess wurden die empfohlenen Maßnahmen an den Lenkungsausschuss übergeben, der wiederum das Koordinationsteam, also Expertinnen und Verantwortliche, mit der Umsetzung betraute. Nach einem Jahr wurde aufgrund eines Umsetzungsberichts evaluiert, welche konkreten Maßnahmen zur Umsetzung der Forderungen getroffen wurden.

Besonderheiten des Beteiligungsprozesses

Vorarlberg ist das erste österreichische Bundesland, das eine derart breite und nachvollziehbare Bürgerbeteiligung durchführte. Durch das spezielle Verfahren, die Kombination verschiedener Partizipationsmethoden, konnten die vielen betroffenen Bevölkerungsgruppen bestmöglich eingebunden werden. Die Arbeit innerhalb der Gruppen wurde ergänzt durch die Kommunikation der Ergebnisse und den Dialog mit Politiker/innen und Expert/innen, was zu äußerst konstruktiven Anregungen seitens der Bürger und Bürgerinnen führte.

Die Ergebnisse

Als Ergebnis wurde ein Bürgergutachten erstellt, in dem konsensfähige Vorschläge für ein kinderfreundliches Vorarlberg ausgearbeitet sind. Das Bürgergutachten wurde am im Juni 2005 an die Vorarlberger Landesregierung übergeben, die Weiterentwicklung und Umsetzung wurde beauftragt. Zudem informierte das »Vorarlberg Magazin«, das an jeden Vorarlberger Haushalt geht, in komprimierter und leicht verständlicher Weise über die Ergebnisse des Bürgergutachtens. Die beigelegte Antwortkarte haben zahlreiche Bürger/innen genutzt, um weitere Anregungen zu machen.

Literatur und Links