Methodenbeschreibung

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»Sage es mir, und ich werde es vergessen.
Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten.
Lass es mich tun, und ich werde es können.«
- Konfuzius

Planspiele sind kleine Modelle der Wirklichkeit. Sie simulieren eine reale Situation und zielen darauf, diese besser verstehen, einschätzen und nach dem Spiel neu und anders gestalten zu können. Die Teilnehmenden bewegen sich in einer der Wirklichkeit nachempfunden Situation, die es ermöglicht, spielerisch Wissen, Einsichten und Fähigkeiten in einer Übungssituation zu entwickeln und diese dann auf das wirkliche Leben zu übertragen.

Es gibt viele gute Gründe, in Initiativen, Vereinen, Unternehmen und Projekten zu spielen. Im Spiel wird viel mehr gelernt, als »nur« Inhalte und Wissen. Es werden Einstellungen verändert, neue Kompetenzen entwickelt. Es wird gelebt, was vielleicht nur abstrakt gewusst wurde. Es wird gefühlt, was bisher nur gedacht war. Es ist auf einmal erfahrbar, was bisher nicht zugänglich war, über den Lernenden selbst, die Gruppe und natürlich das Thema.

Eine Form des spielerischen, ganzheitlichen Lernens ist das Planspiel und – eng damit verbunden - die Simulation. Planspiele ermöglichen selbstgesteuertes Lernen, kreativ und ganzheitlich. Sie fördern nicht nur die eine Seite des Hirns, sondern neben dem digitalem auch das analoge Denken in Gefühlen und Bildern. Menschen in Planspielen erarbeiten sich nicht nur Wissen, sondern lernen auch Prozesse zu gestalten und erfahren Wesentliches über sich selbst. Sie trainieren vernetztes Denken und Handeln in komplexen Situationen. Sie fühlen, was ist.

Tipp

Kurzum: Planspiele sind einfach und gut und sie machen Spaß.

Zielsetzung der Methode

Planspiele sind kleine Modelle der Wirklichkeit. Sie simulieren eine reale Situation und zielen darauf, diese besser verstehen, einschätzen und nach dem Spiel neu und anders gestalten zu können. Die Teilnehmenden bewegen sich in einer der Wirklichkeit nachempfunden Situation, die es ermöglicht, spielerisch Wissen, Einsichten und Fähigkeiten in einer Übungssituation zu entwickeln und diese dann auf das wirkliche Leben zu übertragen.

Indem Entwicklungen durchgespielt und simuliert werden, können mögliche Folgen des eigenen Handelns besser abgeschätzt und Entwicklungen vorweggenommen werden. Neben den inhaltlichen Lernfeldern zielen Planspiele auf soziale Erfahrungsräume. Sie steigern die Teamkompetenz und Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, laden ein zum sozialen Experiment und machen fühlbar und erfahrbar, was sich hinter Zahlen, Daten, Fakten an Lebendigem verbirgt.

Seite 2: Ablauf

Ablauf

Das Vorgehen beim Planspiel sei anhand eines Beispiels beschrieben:

In einem Ort bildet sich eine Bürgerbewegung zugunsten einer verkehrsberuhigten Straße. Der/die Planspielerfinder/in beschreibt den Ort (Größe, Lage politische Verhältnisse), definiert die Bürgerbewegung und deren Anliegen und überlegt sich, welche gesellschaftlichen Kräfte von diesem Anliegen betroffen sein könnten wie Elternverein, Schule, Gemeinderat, politische Parteien, örtliche Sektion des ADAC und die Lokalpresse.

Je nach Teilnehmer/innen (Anzahl, Interesse) und Lernzielen wird entschieden, welche Kräfte als Teams zum Einsatz kommen und welche Einflüsse von der Spielleitung ausgehen (z.B. Lokalpresse). Die Spielregeln werden festgelegt, z.B. wie die Teams miteinander kommunizieren, die Eigenarten, Interessen und Zusammensetzung der einzelnen Teams beschrieben.

Schließlich wird die Funktion der Spielleitung definiert; entweder passiv, nur auf die Einhaltung der Spielregeln bedacht, oder aktiv mit Interventionen, die das Spiel beeinflussen.

Ein solches Planspiel benötigt nur eine kurze Einführung. Bei der Dauer des Spieles ist zu beachten, dass nach dem Abbruch des Spiels genügend Zeit zur Auswertung bleibt. Denn die Reflexion des Erlebten trägt entscheidend zur Bewusstmachung der Abläufe bei.

Bei einem gesellschaftspolitischen Planspiel wie beim Beispiel der verkehrsberuhigten Straße sind vor allem zwei Aspekte zu reflektieren:

  • Was ist eigentlich abgelaufen? Wie hat unser Team »funktioniert«? Wo waren Knackpunkte? Wie haben die Gegner/Verbündeten reagiert? Warum haben wir es (nicht) geschafft, uns durchzusetzen?
  • Und vor allem: Welche Gefühle begleiteten uns während der Auseinandersetzung? Welche Kräfte haben wie gewirkt? Welches Verhalten, welche Strategien sind zweckmäßig, um das gemeinsame Ziel zu erreichen?
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Wichtige Aspekte bei der Umsetzung

Das Rollenspiel besteht in der Grundform aus mehreren Phasen: einer Vorbereitungsphase, der eigentlichen Spielphase und der Auswertungsphase.

Vorbereitungsphase

Die Spielleitung erläutert ausführlich die Spielidee, die Regeln und die wesentlichen Informationsquellen zum Thema. Die Spielpersonen werden ausgewählt, Teams gebildet, die Rollen zugewiesen und die Rollenbeschreibungen verteilt. Dann hat jede/r Rolleninhaber/in Zeit, sich mit seiner Rolle vertraut zu machen. Wenn es eine Beobachtungsgruppe für den Spielverlauf gibt, erhält diese einen Beobachtungsbogen und eine Einweisung in ihre Aufgabe.

Spielphase

Das Spiel beginnt. Vielleicht treffen sich Teams und klären Rollen und Positionen, einzelne Spieler/innen treten mit anderen in Kontakt, es werden Informationen gesucht, Koalitionen geschmiedet und Strategien entwickelt. Aus einem eher ruhigen Beginn entwickeln sich immer mehr Aktivitäten. Spielleitung und Beobachter/innen begleiten das Spiel und intervenieren, wenn das Spiel einen Impuls braucht oder eine Wende nehmen soll.

Sie erinnern die Spielenden an Regeln und Rahmen und geben Hinweise für einen guten Spielfluss: Spielen Sie frei und spontan. Halten Sie sich an die vorgegebenen Rollenbeschreibungen und Vorgaben. Bleiben Sie realistisch.

Auswertungsphase

Nach dem Ende des Spiels geht es zunächst darum, Distanz zum Spiel und zur Rolle im Spiel herzustellen. Gemeinsam steigt die Gruppe aus dem Spiel aus, etwa durch eine Pause, das Ablegen der Verkleidung und ein letztes Resümee aus der gespielten Rolle. Die Auswertung braucht Zeit und ist ebenso wichtig wie die Spielphase selbst. Ein möglicher Ablauf könnte sein:
Zunächst äußern sich die Spieler

 

  • Rückmeldungen der Beobachtung (Beobachtungsbogen)
  • Austausch zwischen Spieler und Beobachtungsgruppe; Abgleich: Selbst und Fremdwahrnehmung
  • Übertragung auf die Realität und Ableitung von Strategien, Handlungsabsichten und Lösungsideen für die reale Herausforderung
  • Gegebenenfalls schließt sich eine kurze neue Rollenspielrunde zur Simulation der Handlungsideen an.

Notwendiger organisatorischer Rahmen

Da die Gestaltungsformen eines Planspieles sehr unterschiedlich sind, sie reichen von einfachen Brett- oder Kartenspielen, über internetbasierte Spielumgebungen bis hin zu mehrtägigen Simulationen mit unterschiedlichen Spielphasen, lässt sich hier nicht eine einfache Liste der notwendigen organisatorischen Voraussetzungen wiedergeben. Immer gebraucht werden ...

  • eine Spielidee
  • die Materialien, die im Spiel vorgesehen sind. Das können Rollenkarten mit den Spielinformationen sein, Arbeitsmaterialien, Rollenunterstützung durch Requisiten, z.B. Hütte, Kittel, Namensschilder
  • ein Raum und Ort, an dem sich das Spiel entfalten kann mit Platz für alle Akteure und Gruppen
  • die Mittel zur Dokumentation und Beobachtung des Spielverlaufs, oft und gerne mit der Rolle des/der örtlichen Zeitungsreporter/in verbunden
  • die Spielleitung, die erfahren ist und Möglichkeiten hat, während des Spiels, etwa mit Ereigniskarten, überraschenden Nachrichten oder unerwarteten Besuchern Interventionen und Impulse zu setzen
  • Raum und Zeit für eine ausführliche Nachbereitung und den Transfer in das »Hier und Jetzt«
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Anwendungsfelder

Die Anwendungsfelder sind vielfältig. Einige Beispiele aus der Praxis:

Die Ortsgruppe einer Jugendpartei will die Partei, die die Mehrheit im Gemeinderat inne hat, von einem politischen Vorhaben überzeugen. In einem Planspiel finden die Jungpolitiker die entscheidende Strategie.

  • Die Mitarbeiter/innen einer Verwaltung wollen Bürger/innen intensiver an den Entwicklungen des Gemeinwesens beteiligen. In einem Planspiel entwickeln und reflektieren sie Methoden und Modelle der Bürgerbeteiligung.
  • In einem Planspiel zur Liberalisierung des Strommarktes werden die Vor- und Nachteile pro aktiv simuliert und wichtige Erkenntnisse zur Umsetzung der Maßnahme abgeleitet.
  • In einem Online-Planspiel schlüpfen junge Menschen in die Rollen der Politik und simulieren die Entscheidungsprozesse in einer Kommune.
  • Auf einer Tagung zu den Veränderungen in der Erwerbsarbeit der Zukunft simulieren die Teilnehmenden eine zukünftige Erwerbsbiografie.
  • In einem Planspiel verhandeln Teilnehmende ein Dilemma und trainieren an einem realen Beispiel ihre Verhandlungsfähigkeiten.

Tatsächlich sind Planspiele für viele Anliegen in der Bürgerbeteiligung geeignet. Das Vorhaben wird ausgelotet, es entstehen neue Einsichten und Ideen, das Verhalten der Anderen wird nachvollziehbar, durch Vorwegnahme der Zukunft entstehen neue Realitäten. Fehler werden sichtbar und können im späteren Handeln, beim Transfer in die Wirklichkeit, vermieden werden.

Stärken und Grenzen der Methode

Planspiele sind lerneffizient. Die Eigenmotivation der Lernenden, die Emotionalität und der leichte Transfer in die Wirklichkeit tragen dazu bei. Die Lernenden ziehen in der Regel selbstgesteuerte, beteiligungsintensive Lernprozesse, in denen sie aktiv werden können, den eher passiven, fremdbestimmten Gestaltungsformen vor. Die offensichtliche Nähe einer Planspielaufgabe zur Wirklichkeit fördert die Motivation. Zudem erleben die Teilnehmer/innen von Beginn an, dass zur Lösung der Aufgabe die eigene Kreativität und das eigene Engagement gefragt sind und der Einzelne mit seiner ganzen Persönlichkeit involviert ist.

Der zweite Aspekt, die hohe Emotionalität, lässt sich in jedem Planspiel beobachten. Von Zweifeln und Verzweifeln bis zu Glücksmomenten durchlebt ein Lernender im Planspiel ungezählte Gefühlslagen, meist zusammen mit den Anderen im Team. Und wer sich im Spiel ein Thema erarbeitet hat wird sich stets daran erinnern: er hat es selbst getan, gefühlt, geplant, kurzum erlebt. So geschieht, drittens, der Transfer in die Realität von selbst, stets nachhaltig und wirksam.

Obwohl es fast nur gute Effekte zu berichten gibt, werden Planspiele in der Bürgerbeteiligung eher seltener eingesetzt. Das liegt sicher auch daran, dass die Entwicklung eines Planspieles aufwendig ist. Neben der geeigneten Idee erfordert die Umsetzung erfahrene Planspieler, die die Idee spieletauglich machen, indem sie komplexe Situationen reduzieren und so spielbar machen. Gleichzeitig muss das Thema so differenziert bleiben, dass es die Wirklichkeit gut abbildet. Wer kein eigenes Spiel kreieren will, findet im Internet und in der Literatur viele Ideen, die sich gut an das eigene Anliegen anpassen lassen.