Ablauf

Ablauf

Der Bürgerratsprozess ist ein mindestens dreistufiger Prozess, bestehend aus

  • dem Bürgerrat,
  • dem Bürgercafé (öffentliche Präsentation)
  • und der Resonanzgruppe, die die Rückkoppelung der Ergebnisse an das politisch-administrative System bezweckt.
  • Ergänzende Elemente, wie beispielsweise ein Infoabend im Vorfeld oder Arbeitsgruppensitzungen im Nachhinein sind sinnvoller Weise bei der Planung zu berücksichtigen.
  • Den Abschluss bildet eine Rückmeldung von Seiten der politischen Vertreter oder der Verwaltung an die Teilnehmenden des Bürgerrats, wie die Ergebnisse behandelt wurden und was gegebenenfalls weiter verfolgt wurde.

Während der eineinhalb Tage werden die Teilnehmenden eines Bürgerrats dazu motiviert, Themen und Anliegen ihrer Wahl zu diskutieren. Sie stellen Thesen auf, bringen ihre Sichtweisen ein und entwickeln Lösungsideen und Empfehlungen. Aufgrund der auswahlbedingt vielfältigen Zusammensetzung der Gruppe geht es mit großer Wahrscheinlichkeit um Fragen, die viele Menschen in der Gemeinde bewegen.

Der Bürgerrat wird mit »Dynamic Facilitation« (DF) moderiert. Mittels dieser lösungsorientierten Moderationstechnik können Ideen entstehen, die über bekannte oder nahe liegende Lösungsansätze hinausgehen. Das Verfahren eignet sich daher gerade bei schwierigen oder konfliktbehafteten Themen. Der/die Moderator/in folgt dem natürlichen Fluss des Gesprächs, der »Energie der Gruppe«, notiert die Beiträge auf Flipcharts und »sortiert« sie in die Rubriken - »Probleme«, »Lösungen«, »Bedenken« und »Sichtweisen/Informationen«. Das Aufschreiben der Beiträge verlangsamt den Prozess, ermöglicht aufmerksameres Zuhören und stellt sicher, dass nichts verloren geht. Die dadurch entstehende achtsame Gesprächsatmosphäre wie auch die dynamische Moderation ermöglicht, dass Neues, Unerwartetes emergieren kann.

Tipp

Ebenso wichtig wie der Prozess des Bürgerrates, ist die Einbettung in den politischen Prozess: Die teilnehmenden Bürgerrätinnen und -räte sollen nicht »umsonst« eineinhalb Tage gearbeitet haben – ein weitergehender Prozess sollte auch für sie sicher gestellt sein. Dadurch erfahren sie Wertschätzung und Anerkennung für ihr Engagement und sind durch diese positive Erfahrung eher gewillt, sich weiterhin zu engagieren oder diese Erfahrung weiterzugeben.

Prinzipien und Wirkungen

Der Bürgerrat trifft keine politischen Entscheidungen, hat aber dennoch eine große Wirkung in der Gemeinde. Dadurch, dass die Überlegungen und Empfehlungen öffentlich präsentiert werden, entsteht in der Gemeinde ein Bewusstsein für die Herausforderungen und für notwendige Entwicklungen.

Der Bürgerrat ist ein Mittel, sich intensiv mit gesellschaftlichen Problemen und ihrer Komplexität auseinanderzusetzen. Er schafft eine Form des kommunikativen Austauschs und leistet somit auch ein Stück weit politische Bildung (vgl. Lederer 2009). Die Teilnehmenden leisten qualitativ hochwertige Arbeit während der Diskussion: Es geht darum, gesellschaftliche Probleme zu erkennen und in ihrer Komplexität und Gesamtheit zu analysieren. Dementsprechend ist es notwendig, Prioritäten zu setzen und die Bedeutung einzelner Themen herauszuarbeiten. Genauso entscheidend sind aber auch soziale Kompetenzen, wie etwa die Auseinandersetzung mit anderen Standpunkten und Meinungen innerhalb des Gesprächs.

Ziel ist es, Menschen durch die Teilnahme am Bürgerrat dazu zu befähigen, sich eigenverantwortlich mit den Problemen ihrer Lebenswelt zu beschäftigen und selbst nach möglichen Lösungen zu suchen. Das als Empowerment bezeichnete Konzept der »Selbstbefähigung« ist ein wesentliches Moment gesellschaftlicher Selbstorganisation. Dies wird in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen (vgl. Arbter/Handler/Purker/ Tappeiner/Trattnigg 2005, Feindt/Newig 2005).

Der Bürgerrat ist in diesem Sinne ein gelebtes Beispiel partizipativer Demokratie und zeigt einen neuen Weg in der Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und den Bürger/innen. Er hat wesentlichen Einfluss auf die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit der Gemeinde und den Herausforderungen, denen sich die Verwaltung und Politik gegenüber sieht.