Praxisbeispiel Risiko Energiegesellschaft

Die Zukunft der Energieversorgung ist eine der Schlüsselfragen dieses Jahrhunderts. Wie kann der steigende Bedarf von Energie befriedigt werden? Wie erreicht unsere Gesellschaft eine Trendwende hin zu energieeffizientem Verhalten ohne Verlust von Lebensqualität? Diese Fragen werden fast nur auf Ebene der Expertinnen und Experten diskutiert. Da jede/r Einzelne von der Energiefrage unmittelbar betroffen ist, war dem Team der Initiative Risiko:dialog wichtig, die Meinung von Bürgerinnen und Bürgern zu diesem Thema einzuholen. Damit kann einerseits überprüft werden, inwieweit die politischen Diskussionen in eine akzeptierte Richtung gehen und andererseits können neue Lösungszugänge zu den Herausforderungen einer Energiegesellschaft erkannt werden.

Da das Thema sehr komplex und der Wissensstand bei den Bürgerinnen und Bürgern sehr unterschiedlich ist, bedarf es einer tiefgehenden und differenzierten Auseinandersetzung. Daher wurde das Format der Bürger/innenkonferenz gewählt, das sowohl eine Methode der Beteiligung als auch eine der qualitativen Meinungsbildung darstellt. Der Titel »Risiko Energiegesellschaft« zeigt den gesellschaftspolitischen Ansatz.

Diskussionen an zwei Wochenenden

Die Bürgerkonferenz fand an zwei Wochenenden im März 2009 statt. 35 Bürger und Bürgerinnen aus allen Teilen Österreichs im Alter zwischen 16 und 72 Jahren diskutierten ihre Perspektiven zu den Risiken einer Energiegesellschaft und arbeiteten zu Themenbereichen, die sich im Vorfeld aus Diskussionen in Fokusgruppen herauskristallisiert hatten. Am ersten Wochenende wurden im Plenum jene Themen ausgewählt, mit denen die Teilnehmer/innen vertiefend weiterarbeiten wollten: Umwelt und Klima, Abhängigkeit und Versorgungssicherheit sowie Energieträger. In Gesprächsrunden wurden dazu Wissen und Perspektiven der Teilnehmer/innen zu Risiken ausgetauscht, mit dem Ziel, neue Ideen zu entwickeln. Anschließend nominierten die Bürger/innen sechs Expertinnen und Experten aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft, NGOs und Wissenschaft, die am zweiten Konferenzwochenende ihr Wissen in Hearings und Arbeitsgruppen zur Verfügung stellten.

Das Energie-Kommuniqué

Am Ende der Bürger/innenkonferenz fassten die Teilnehmenden Handlungsmöglichkeiten und Empfehlungen in einem gemeinsamen Energie-Kommuniqué zusammen, das sich an die/den Einzelne/n, an Wirtschaft und Politik zum Umgang mit Energie wendet. Aus den Empfehlungen wird deutlich, dass die Bürger/nnen ihren Teil der Verantwortung erkennen und bereit sind, Lebensstil, Konsumverhalten und Kaufentscheidungen zu ändern. Dafür wünschen sie sich von der Politik und Wirtschaft Unterstützung und empfehlen verstärkte Informationsarbeit, Mut und vorbildliches und weitsichtiges planerisches Vorgehen.

Auszug aus den Empfehlungen:

  • Mehr Information zu Klimaverträglichkeit und Kostenwahrheit von Produkten
  • Bildungsarbeit von Medien und Schulen zu Energie- und Klimathemen
  • Reduzierung des Energieverbrauchs durch bewussten Konsum
  • Schwerpunktsetzung auf erneuerbare Energien, öffentlichen Verkehr und ökologische Produkte
  • Mehr Beratungen, um Handlungsoptionen zu erkennen.

Das Abschlussdokument wurde den zuständigen Vertreterinnen und Vertretern von Bund und Ländern, den Sozialpartnern und Parlamentsclubs präsentiert und damit wieder in eine breitere Diskussion zurück gespielt.

Planungs- und Begleitgruppe

Begleitet wurde die Bürger/innenkonferenz von einer Planungs- und Begleitgruppe, deren Kernteam aus Mitgliedern des Risiko:dialog, dem Zentrum für soziale Innovation und dem ÖKOBÜRO bestand. Das gemeinsame Ziel war, eine inhaltlich ausgewogene und methodisch korrekte Bürger/innenkonferenz – sowohl in der Vor- und Nachbereitung wie auch in der Durchführung. Eine erweiterte Planungs- und Begleitgruppe, die aus dem Kernteam, weiteren Expert/innen und Sponsoren des Dialogprozesses bestand, reflektierte und begleitete den gesamten Prozess, um Ausgewogenheit und Qualität sicher zu stellen.

Initiative Risiko:dialog

Die Initiative Risiko:dialog von Radio Österreich 1 und Umweltbundesamt gestaltet Dialoge zu Risikothemen, um gemeinsam Handlungsspielräume zu erkennen. Unterstützt wurde die Initiative von den Partnerinstitutionen: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Universität für Bodenkultur Wien sowie Austrian Power Grid.

Literaturtipp

Benda-Kahri, Silvia/Schatz, Christine/Hochgerner, Josef (2009): Ressourcen im
Risiko:dialog – Risiko Energiegesellschaft, Umweltbundesamt GmbH, Wien.