Beteiligung in umweltbezogenen Genehmigungsverfahren

In bestimmten Fällen sieht die Rechtslage in Deutschland eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in Umweltangelegenheiten vor. Meinungen und Einwände der Bürger/innen sind dabei ein wichtiges Gegengewicht zu wirtschaftlichen Interessen und können zu einer ausgewogeneren Entscheidungsfindung durch Behörden beitragen.

Grundlagen im EU-Recht

Die im deutschen Verfahrensrecht nur in Ansätzen formulierten Anforderungen an die Einbeziehung dritter in Verwaltungsentscheidungen wurden durch internationale Vorgaben entscheidend weiterentwickelt. Eine zentrale Rolle spielte dafür die Aarhus-Konvention sowie die folgenden daraus resultierenden EU-Richtlinien: Umweltinformationsrichtlinie (2003/4/EG), Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie (2003/35/EG), Richtlinien zur Umweltprüfung von Vorhaben, Plänen und Programmen (UVP-Richtlinie 2011/92/EG, SUP-Richtlinie 2001/42/EG), Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie 2008/1/EG). Einige dieser Richtlinien haben zur Einrichtung bzw. Anpassung der im vorangegangenen Abschnitt erwähnten gesetzlichen Regelungen in der Bundesrepublik geführt.

Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)

In Deutschland ist das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) als einschlägiges Fachrecht maßgeblich für die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben. Diese werden unterschieden in Vorhaben, die ein förmliches Genehmigungsverfahren erfordern und Vorhaben, für die ein nicht-förmliches Genehmigungsverfahren ausreichend ist.

Wichtig

Eine Beteiligung der Öffentlichkeit ist nur bei förmlichen Verfahren vorgeschrieben.

Beispiel

Beispiele für Bauvorhaben, die ein förmliches Genehmigungsverfahren erfordern:

  • Müllverbrennungsanlagen und Kompostwerke mit bestimmtem Durchsatz
  • Anlagen zur Massentierhaltung

Im Fall eines förmlichen Genehmigungsverfahrens muss die Planungsbehörde nach BImSchG sämtliche Unterlagen für den Zeitraum von einem Monat öffentlich auslegen. Hierbei gilt das Prinzip der »Jedermann-Beteiligung«. Das heißt, jede Bürgerin und jeder Bürger darf sich über das Vorhaben informieren, Einwände äußern und gegebenenfalls in einem Erörterungstermin dazu Stellung nehmen. Die Planungsunterlagen enthalten den Genehmigungsantrag sowie sämtliche Antragsunterlagen (Einzelanträge, Gutachten, Umweltversträglichkeitsuntersuchung). Über die Auslegung der Unterlagen muss die Öffentlichkeit im Rahmen des amtlichen Veröffentlichungsblattes sowie entweder im Internet oder in den örtlichen Tageszeitungen informiert werden. Bürgerinnen und Bürger haben dann die Möglichkeit, ihre Einwendungen in schriftlicher Form spätestens zwei Wochen nach Ende der Auslegungsfrist abzugeben.

Wichtig

Die Entscheidung, ob nach der Prüfung der eingegangenen Einwendungen ein Erörterungstermin für die Entscheidungsfindung notwendig ist oder nicht, liegt im Ermessen der Genehmigungsbehörde. Argumentiert wird mit der Vermeidung von Verwaltungsaufwand und einer Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens.

Wenn keine offenen Fragen und Einwendungen mehr zu bearbeiten sind, erstellt die Behörde einen Bescheid über die Genehmigung oder die Ablehnung des Vorhabens. Sie hat dabei allerdings keinen eigenen Ermessensspielraum. Das heißt, wenn alle gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind, muss die Behörde das Vorhaben genehmigen. Mit der öffentlichen Bekannmachung des Bescheids oder der Zusendung an alle Einwender/innen endet das Verfahren.

Wichtig

Bei förmlichen Genehmigungsverfahren hat der abschließende Bescheid nach BImSchG eine »konzentrierende Wirkung«. Dass heißt, dass diese Genehmigung alle weiteren die Anlage betreffenden behördlichen Entscheidungen einschließt. Der Neubau einer Müllverbrennungsanlage kann also die Beseitigung eines Schutzgebietes beinhalten, ohne dass die dafür notwendigen Maßnahmen noch einmal separat genehmigt werden müssen.

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