Qualitätskriterien kommunaler Bürgerbeteiligung

Seite 1: Wie Bürgerbeteiligung erfolgreich gestalten?

Neben gesetzlich vorgeschriebener Bürgerbeteiligung wie Bürgerentscheide oder Beteiligung in der Bauleitplanung stehen informelle – d.h. freiwillig durchgeführte – Beteiligungsverfahren zunehmend im Fokus. Viele Kommunen experimentieren z. B. mit Bürgerhaushalten oder diskutieren in Planungswerkstätten mit den Bürger/innen über zukünftige Entwicklung der Stadt. Diese Verfahren können die kommunale Demokratie beleben, Vertrauen zwischen den Akteuren schaffen und eine neue Beteiligungskultur fördern. Weil sie aber gesetzlich nicht vorgeschrieben sind, fehlen klare Vorgaben für die Durchführung.

Dies lenkt den Blick auf die grundsätzliche Frage, wie Beteiligung gestaltet sein sollte, um erfolgreich zu sein. Fest steht: Bürgerbeteiligung muss bestimmten Standards genügen, wenn sie demokratische Anforderungen erfüllen und für alle Beteiligten zufrieden stellend und gewinnbringend sein soll.

Das »Netzwerk Bürgerbeteiligung« schlägt zehn Qualitätskriterien für gute Beteiligungsverfahren vor. Die Standards beanspruchen Gültigkeit unabhängig von

  • den konkreten Bedingungen vor Ort,
  • den Besonderheiten jeweiliger Politikfelder,
  • den Eigenheiten der jeweiligen Beteiligungsverfahren und –Instrumente.
Weitere Infos

Das Netzwerk Bürgerbeteiligung hat sich im September 2011 auf Initiative der Stiftung Mitarbeit gegründet. Es will der politischen Partizipation in Deutschland dauerhaft mehr Gewicht verleihen und die Bürgerbeteiligung auf allen Ebenen des demokratischen Gemeinwesens stärken. Die Qualitätskriterien wurden im Zeitraum von 2012 bis 2013 in Zusammenarbeit aller Netzwerker/innen erarbeitet.

Seite 2: Kriterien für gute Bürgerbeteiligung

Das Positionspapier des Netzwerks Bürgerbeteiligung richtet sich an kommunale Entscheidungsträger/innen aus Politik und Verwaltung, die Bürgerbeteiligung planen. Die zehn Kriterien geben einen Rahmen vor, an dem sich Kommunen bei der Durchführung einzelner Beteiligungsverfahren orientieren können. Die Kriterien können aber auch als Basis für eine grundsätzliche Öffnung der Kommune gegenüber informeller Bürgerbeteiligung mittels kommunaler Leitlinien dienen.

Das Papier verweist darauf, dass alle Beteiligten idealerweise eine konstruktive Grundhaltung zur Kooperation mit den jeweiligen kommunalen Akteuren einnehmen sollten. Gute Bürgerbeteiligung braucht die Bereitschaft zum Dialog auf Augenhöhe. Ebenso wichtig sind die Bereitstellung notwendiger materieller und personeller Ressourcen und klare Zielsetzungen. Die Ziele und Rahmenbindungen müssen transparent kommuniziert werden.

Es muss darüber hinaus klar sein, welche Vorfestlegungen schon getroffen sind – was also nicht Gegenstand des Verfahrens ist. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig einzubeziehen, wenn wesentliche Weichen eines Projekts oder Vorhabens noch gestellt werden können.
Wenn städtische Vorhaben massiv in die Lebenssituationen der Einwohner/innen eingreifen oder Ressourcen bzw. finanzielle Mittel einer Kommune auf viele Jahre binden, sollte die Bevölkerung zudem über die Initiierung von Bürgerbeteiligung mitbestimmen können.

Wird ein Verfahren eingeleitet, sollte es ergebnisoffen ausgestaltet sein. Es darf nicht zum Zweck der Aktzeptanzgewinnung für bereits getroffene Entscheidungen durchgeführt werden. Gute Beteiligung braucht immer eine sorgfältige Auswahl der Methode und eine kompetente Gestaltung des Beteiligungsprozesses. Relevante Informationen müssen für alle Beteiligten zugänglich sein.

Die Übertragung der Ergebnisse von Bürgerbeteiligung in den kommunalen Entscheidungsprozess muss bereits zu Beginn eines Verfahrens festgelegt und zwischen den beteiligten Akteuren gemeinsam verbindlich vereinbart werden.  

Ein entscheidendes Kriterium für gute Bürgerbeteiligung ist die Mitwirkung aller relevanten Akteure. Damit sind alle Einwohner/innen einer Stadt oder eines Bezirks unabhängig von Alter und Staatsangehörigkeit gemeint. Es müssen verstärkte Anstrengungen unternommen werden, um schwer erreichbare Gruppen durch unmittelbare Ansprache für die Teilnahme an Beteiligungsprozessen zu gewinnen.

Eine begleitende Evaluation ermöglicht die Bewertung des gesamten Prozesses. Gute Bürgerbeteiligung lernt aus Erfahrung und entwickelt sich stetig weiter.