Einführung

Seite 1: Alle Jahre wieder...

Alle 13 Jahre wieder – so hat es den Anschein – ist eine Neuauflage eines Buches über die Methode der Aktivierenden Befragung angesagt. Im Jahr 1976 erschien das »Handbuch Aktivierende Gemeinwesenarbeit« von Alf Seippel. 1989 widmeten sich Wolfgang Hinte und Fritz Karas intensiv dem Thema. Und nun – wiederum 13 Jahre später – finden wir, die wir als Praktikerinnen und Dozentinnen der Gemeinwesenarbeit immer wieder auf die Erkenntnisse aus diesen beiden Büchern zurückgegriffen haben, ist es an der Zeit, die Vielzahl von Erfahrungen mit dieser Methode erneut zu bündeln. Der vorliegende Band soll in erster Linie ein prägnantes Handbuch über eine Methode sein, die in den vergangenen Jahren kontinuierlich an Popularität gewonnen hat. Wer sich angesichts der konzeptionellen Hochkonjunktur der Methode der Aktivierenden Befragung auf die Suche nach aktuellen Veröffentlichungen begibt, tut sich schwer. Die meisten Artikel sind versprengt erschienen – überwiegend in »Grauer Literatur« und nur schwer oder gar nicht mehr zugänglich. Wir wollen mit diesem Buch praktisches Werkzeug liefern, Tipps geben und über Erfahrungen berichten lassen.

Zu Beginn des Bandes greifen wir auf die alten Veröffentlichungen von Wolfgang Hinte, Fritz Karas und Alf Seippel zurück, die teilweise nicht mehr aufgelegt werden, jedoch nichts an Aktualität verloren haben. Wir haben uns entschlossen, diese im Original zu belassen und – zur besseren Einordnung – mit einem ausführlichen Vorwort zu versehen. Um dabei die konzeptionelle Entwicklung der Aktivierenden Befragung aufzuzeigen, sind die auftauchenden Wiederholungen im Theorieteil ausdrücklich gewollt. Die hier erneut veröffentlichten Grundlagen der drei Autoren zur Aktivierenden Befragung waren das Resultat konkreter praktischer Erfahrungen und von (Forschungs)-Projekten, die durch das Ehepaar Richard und Hephzibah Hauser begleitet wurden. Mit ihrem – längst vergriffenen – Buch »Die kommende Gesellschaft« (1971) prägten sie die bundesdeutsche Tradition der Aktivierenden Befragung nachhaltig . Um die Wurzeln Aktivierender Befragungen in den USA oder auch parallele Entwicklungen zur bundesdeutschen Praxis aufzuzeigen, widmet sich ein Kapitel den aktivierenden Gesprächen in der Tradition Saul David Alinskys.

Wir werden in diesem Band des Weiteren die Grenzen und Stolpersteine der Aktivierenden Befragung darlegen. Ein Kapitel über die Grundvoraussetzungen von Partizipation soll aufzeigen, dass eine Aktivierende Befragung allein in benachteiligten Gebieten keine Partizipationseuphorie auslösen wird. Deshalb widmen wir uns zumindest ansatzweise der dann folgenden Arbeit im Stadtteil, damit die Aktivierung möglichst nachhaltig erhalten bleibt und wirksam wird.

Insgesamt liegt uns daran, die Leser/innen (Wir haben uns für diese weibliche Schreibform entschieden. Zugunsten der Leserfreundlichkeit werden wir Bandwurmbegriffe wie »Leser/innenfreundlichkeit« vermeiden.) zu ermutigen, die Methode auszuprobieren. Wir haben beobachtet, dass in einer Runde von Fachkräften der Satz: »Wir haben eine Aktivierende Befragung durchgeführt« bei vielen Praktiker/innen in der Regel einen Riesenrespekt auslöst. Man könnte glatt meinen, die Methode sei nur etwas für ganz besonders mutige und engagierte Menschen, oder solche, die ihre Freizeit dafür »opfern« oder große Beträge dafür locker gemacht haben. Wir wollen darstellen, dass es groß angelegte, aber eben auch kleine Aktivierende Befragungen geben kann, dass es je nach Auftrag und Selbstverständnis der professionell Tätigen eine Vielfalt von Variationsmöglichkeiten gibt und die Ergebnisse und Erkenntnisse entsprechend unterschiedlich sind. Des Weiteren stellen wir ergänzend und abgrenzend Methoden vor, die auf einzelne Elemente der Aktivierenden Befragung zurückgreifen.

Uns liegt daran, zwei Dinge zu betonen. Erstens: Es handelt es sich nur dann um eine der hier vorgestellten Tradition entsprechende Aktivierende Befragung, wenn nach dem Ablaufplan fachlich vorgegangen wird. Zentrales Kriterium ist die Verwendung offener Fragestellungen (selbst wenn das Thema der Befragung eingrenzt gewählt wird, z.B. zur Spielplatzsituation), die systematische Vorbereitung mit entsprechendem Training und die anschließende Begleitung von Aktivitäten, wo es notwendig ist. Zweitens: Eine Aktivierende Befragung kann in keinem Punkt mit einer repräsentativen statistischen Befragung gleichgesetzt werden.

Die Idee zu diesem Band entstand auf einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit. Im Rahmen des dort entstandenen Arbeitskreises »Soziale Arbeit in und mit Gemeinwesen« sammelten wir Tipps und bedanken uns an dieser Stelle bei Ute Dautenheimer, Susanne Beyer, Gottfried Kern sowie bei Peter Szynka und Birgitta Kammann für wertvolle Anregungen. Besonders gedankt sei auch Wolfgang Prauser, der für unsere Suche nach interessanten Praxisprojekten unzählige E-Mails über seine Internetseite (www.stadtteilarbeit.de) in Fachkreise verschickte. Aus den zahlreichen Rückmeldungen haben wir diejenigen ausgewählt, die nach erstem Sichten und Gesprächen am ehesten das breite Spektrum Aktivierender Befragungen widerspiegeln und in der hier vertretenen Philosophie der Aktivierenden Befragung entstanden sind.

Seite 2: Danksagungen

Wir danken allen Autor/innen für ihre Beiträge und das zur Verfügung gestellte Material. Die Adressen aller Autor/innen bzw. der Projekte drucken wir mit ab, damit bei Interesse direkt Kontakt aufgenommen und genauer nachgefragt werden kann. So hoffen wir mit diesem Handbuch auch den Dialog zwischen den Praktiker/innen zu erleichtern!

Unsere Zusammenarbeit als Herausgeberinnen war trotz oder gerade wegen manch unterschiedlicher Sichtweise fruchtbar und konstruktiv. Wir haben uns beide – insbesondere was die Reflektion der Praxisberichte anging – an einigen Stellen gefragt, wie »methodenpuristisch« wir als Herausgeberinnen sein dürfen (z.B.: Ist das nun eine Aktivierende Befragung oder doch eher etwas, was lediglich geschickt einzelne Elemente nutzt?).

So kann es sein, dass auf den folgenden Seiten auch widersprüchliche Aussagen auftauchen. Wir haben jedenfalls auf endlose konzeptionelle Klärungsgespräche unter uns als auch mit den Autor/innen verzichtet und denken, dass so entsprechende Spielräume deutlich werden. Es liegt uns am Herzen, Spielräume zu erkennen und sie offensiv und kreativ zu nutzen, damit insbesondere benachteiligte Bürger/innen selber aktiv werden und mehr gesellschaftliche Teilhabe einfordern und umsetzen!

Unser Dank gilt dem Luchterhand-Verlag und Burckhardthaus-Verlag für die Veröffentlichungsrechte der Theoriekapitel. Anerkennung gebührt der unkomplizierten Unterstützung und dem Ansporn durch die Stiftung MITARBEIT und insbesondere der unermüdlichen Arbeit von Hanns-Jörg Sippel, der sich um ein anregendes Layout kümmerte und sich mit unserer Rechtschreibung herumschlug, die sich als sehr reformresistent erwies.
Sprachlich haben wir uns um eine integrative Sprache bemüht.

Insbesondere aber danken wir all denjenigen, mit denen wir in den vergangenen Jahren in das pralle Leben Aktivierender Befragungen eingetaucht sind. Wir haben mit unseren Kolleg/innen am Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung (ISSAB) und im Büro für Gemeinwesenarbeit in Düren herrliche Lernerfahrungen gemacht, wunderbare Aktivierungserfolge erzielt und zusammen immer wieder an der Weiterentwicklung gefeilt. Wir sind nicht selten ungestüm in einige Fettnäpfchen getreten und konnten gemeinsam über manche verrückte Situationen so herzhaft lachen, dass uns diese Methode richtig ans Herz gewachsen ist.

Autor

Dieser Beitrag von Maria Lüttringhaus und Hille Richers ist folgener Publikation entnommen:
Handbuch Aktivierende Befragung: Konzepte, Erfahrungen, Tipps für die Praxis (Bonn 2012)
Die Publikation finden Sie hier.